Hamsterkäufe und der Bullwhip Effekt

Hamsterkäufe und der Bullwhip Effekt

In der momentanen Zeit sind Hamsterkäufe ein allgegenwärtiges Thema. Interessanterweise werden in verschiedenen Ländern unterschiedliche Prioritäten bezüglich der Einkäufe gesetzt. Ein Produkt ist jedoch in einem Grossteil der Länder sehr begehrt, Toilettenpapier. Wir möchten einmal untersuchen, was mögliche Auswirkungen auf die Supply Chain sind und ob die Hamsterkäufe begründet sind.

Die aktuellen Hamsterkäufe senden das Signal entlang der Supply Chain, dass die Nachfrage nach Toilettenpapier gestiegen ist. Tatsächlich wird aber nicht mehr Toilettenpapier als in der Vergangenheit verbraucht. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die Bevölkerung sparsamer mit dem kostbaren Gut umgehen wird.

Diese vermeintlich gestiegene Nachfrage kann zu dem sogenannten Bullwhip Effekt führen, welchen wir kurz erklären möchten.

Bullwhip Effekt

Der Bullwhip- oder Peitschen-Effekt beschreibt ein Phänomen, das vor allem im Supply-Chain-Management bestens bekannt ist. Es handelt sich dabei um Abstimmungsprobleme in der Lieferkette, durch die sich ein kleiner Anstieg in der Kundennachfrage entlang der Wertschöpfungskette immer weiter hochschaukelt, bis eine völlig unrealistische Bestellmenge zeitversetzt beim Produzenten landet.

Der Effekt wurde das erste Mal bei Windeln in den 90er Jahren beobachtet. Wie man sich vorstellen kann, ist die Nachfrage nach Windeln das Jahr über recht stabil, beobachtet wurden jedoch starke Schwankungen in der Nachfrage innerhalb weniger Monate. Bei der Untersuchung wurde entdeckt, dass durch Aktionen im Einzelhandel die Nachfrage auf Kundenseite kurzfristig künstlich angekurbelt wurde. Die hohen Verkaufszahlen sorgen ebenfalls für eine gesteigerte Bestellmenge bei den Lieferanten. Wie man in der Grafik unten sehen kann, schaukelte sich diese gesteigerte Nachfrage durch den Zeitversatz über die verschiedenen Stufen der Supply Chain weiter auf und führte schlussendlich zu enormen Schwankungen beim Produzenten.

Die Ursache liegt darin, dass das Lager leergekauft wird und durch die Verzögerung bis neue Ware ankommt täglich wieder neue Bestellungen abgesetzt werden. Zudem wird klassisch ein Forecast basierend auf historischen Daten erstellt, was das Ergebnis zusätzlich verfälschen kann.

Bullwhip-effekt

Bekämpfung Bullwhip-Effekt

Es gibt vier Möglichkeiten, um den Effekt zu minimieren und damit direkt Kosten zu sparen, da man sich keinen überdimensionierten Sicherheitsbestand an Lager legen muss.

  1. Prozessoptimierung
    Eine kurze Durchlaufzeit und optimierte Prozesse in Produktion und Administration helfen dabei, die Reaktionszeit signifikant zu senken.
  2. Bestandsführung
    Klar definierte Prozesse reglementieren das manuelle Übersteuern von Prozessverantwortlichen. Die Produktion wird vom realen Verbrauch gesteuert und die Bestellmengen ergeben sich aus definierten Kennzahlen und einer Nivellierung.
  3. Lieferantenmanagement
    Strategische Partnerschaften ermöglichen ein unternehmensübergreifendes, selbststeuerndes Systeme nach dem Pull-Prinzip. Dadurch können Missverständnisse ausgeschlossen und der Informationsfluss verbessert werden.
  4. Shopfloor Management
    Durch ein einheitliches Shopfloor Management über die gesamte Supply-Chain, mit definierten Regelkreisen, können die Informationen noch transparenter fliessen. Durch die täglichen Abstimmungen und die verbesserte Koordination innerhalb des Unternehmens können interne Bullwhip-Effekte vermieden werden.

Toilettenpapierverbrauch

Der durchschnittliche Verbrauch von Toilettenpapier variiert je nach Quelle sehr stark. Statista zufolge liegt er bei schätzungsweise 130 Rollen pro Person und Jahr. Betrachtet man die aktuellen Hamsterkäufe vor diesem Hintergrund, dann fällt einem schnell auf, dass häufig mehr als ein Jahresbedarf an Toilettenpapier eingekauft wird.

Mit dem eben genannten Verbrauch sind wir Schweizer, Statista zufolge, eine der Nationen, die den höchsten pro Kopf Konsum aufweist. Es gibt dementsprechend eindeutig Potential zur Reduzierung unseres Toilettenpapierverbrauchs.

Eine sehr gute Möglichkeit, um den Verbrauch stark zu senken, wenn nicht gar ganz zu eliminieren sind Dusch WC’s, wie zum Beispiel jene von LaPreva.

LaPreva

Dusch WC La Preva P1

Toilettenpapierproduktion

Es gibt durchaus Güter, die bei der momentanen Krise knapp werden könnten. Doch gehört Toilettenpapier dazu?

Güter die knapp werden könnten sind meistens importiert, wie zum Beispiel Desinfektionsmittel. Hier sind in der Tat auch bereits Engpässe in der Lieferkette zu verzeichnen. Zudem ist der Verbrauch von Desinfektionsmitteln auch real massiv angestiegen.

Leider können bezüglich Toilettenpapier keine abschliessenden Daten betreffend Produktionsmengen an den entsprechenden Standorten gefunden werden. Sicher ist, dass es Produzenten in der Schweiz gibt. Hakle zum Beispiel deckt den gesamten Schweizer Bedarf nach Hakle Toilettenpapier mit Ihrem Werk in der Schweiz ab.

Grundsätzlich ist Toilettenpapier mit seinem geringen Gewicht bei gleichzeitig hohem Volumen denkbar schlecht für lange Transportwege geeignet. Kalkuliert man die Transportkosten pro Packung Toilettenpapier kommt man zu dem Schluss, dass das Gut nicht weiter als 300 bis maximal 500km transportiert werden sollte. Denn je kürzer der Transportweg, desto höher ist die Marge. Daraus kann geschlossen werden, dass alles in Europa verkaufte Toilettenpapier auch in Europa produziert wird. Da der Schengen-Güterverkehr noch weitergeführt wird scheint es sehr unrealistisch, dass in naher Zukunft kein Toilettenpapier mehr zur Verfügung stehen wird.

Fazit

Hamsterkäufe bei Toilettenpapier sind vor allem aus zwei Gründen sinnlos:

  • Der reale Verbrauch ist nicht gestiegen
  • Die Produktion liegt meist nicht im Ausland, so dass Transporte und Versorgung weiterhin problemlos möglich sind

Die hohe Nachfrage resultiert in einer gesteigerten Produktion auf Seiten der Hersteller. Hakle, zum Beispiel, gibt an die Produktion in der aktuellen Situation um 50% gesteigert zu haben, um die momentane Nachfragewelle abzudecken. Die aktuelle Gefahr besteht jedoch darin, dass die gesteigerte Nachfrage nicht von einem gesteigerten Verbrauch getrieben ist. Zusammengefasst bedeutet dies, dass auf das aktuelle Nachfragehoch ein starkes Nachfragetief folgen könnte, wenn Verbraucher die angelegten Vorräte aufbrauchen, bevor weitere Einkäufe getätigt werden. Dies kann unter Umständen zu Überkapazitäten auf Herstellerseite im Verlauf der Zeit führen.

Quellen

Statista: https://de.statista.com/outlook/80010000/155/toilettenpapier/schweiz#market-arpu

Artikel Produktionssteigerung Hakle: https://www.bild.de/bild-plus/regional/duesseldorf/duesseldorf-regional-politik-und-wirtschaft/bild-fragte-bei-hersteller-hakle-nach-geht-uns-das-klopapier-aus-69436210,view=conversionToLogin.bild.html